Der Einfluss von KI auf die Kreativwirtschaft – Presse Arbeitsgruppe – 20.11.2024 Französische Botschaft, Berlin
Bericht
Anlässlich des Treffens großer französischer und deutscher Presseverleger, in Anwesenheit von Forschern der generativen KI, deutschen und französischen Regulierungsbehörden, Start-ups, die Dienstleistungen für die Presse anbieten, sowie Vertretern der Verwertungsgesellschaften für Leistungsschutzrechte der Presseverleger in Deutschland und Frankreich, kamen die Beteiligten zu folgenden Ergebnissen.
Befund
Die opportunistische Verwertung von journalistischen Inhalten durch KI-Systeme, die ohne Genehmigung oder Transparenz auf Presseinhalte trainiert werden, sabotiert die Rechte und die Existenz von Presseverlegern und die Wertschöpfungskette des Journalismus.
Der Markt wird von einigen wenigen mächtigen Akteuren beherrscht, die Einkommen und Ressourcen in ihren Händen konzentrieren und die Entstehung eines transparenten und dynamischen Lizenzmarktes unmöglich machen. Die Verleger werden daran gehindert, ihre Inhalte zu verwerten, und ihre Unabhängigkeit wird beeinträchtigt.
Die Demokratie leidet darunter, da diese Situation den Nährboden für Desinformation bildet und die europäischen Demokratien gefährdet.
KI & Demokratische Werte
Die Debatte beleuchtet die kollektiven Anstrengungen, die notwendig sind, um diese Herausforderungen anzugehen, insbesondere in Europa.
- Humanismus und KI: KI ist ein Werkzeug, das nach menschlichen Werten gestaltet werden muss und einen umsichtigen Umgang erfordert.
- Zusammenarbeit: Die langwierige Arbeit der Interessengruppen, zu denen auch Regulierungsbehörden, Verleger und Forscher gehören, wird gelobt. Es wird ein allgemeiner Aufruf zu ihrer Beschleunigung und Intensivierung formuliert.
Presseleistungsschutzrechte und Herausforderungen für die Presse
Die DSM-Richtlinie über Presseleistungsschutzrechte von 2019 bietet in der Theorie Schutz für Presseverleger, aber ihre Umsetzung bleibt eine Herausforderung.
- Hauptprobleme:
- Widerstand der großen digitalen Plattformen gegen die Durchsetzung dieser Rechte.
- Einseitige Vorschläge einiger Plattformen zu unzureichenden Vergütungen, die vorläufig sind, weil sie vertraglich festgelegt wurden, und zerstückelt sind, weil sie nicht alle Verleger betreffen.
- Unterschiedliche Bewertung kollektiver Lizenzen.
- Dieses Szenario wiederholt sich bei der Verwertung von Inhalten durch generative KI: Widerstand der Akteure der generativen KI, Rechte der Verleger anzuerkennen, in Verhandlungen zu treten oder Verhandlungen ernsthaft zu führen.
- Unklarheit über den Umfang des Leistungsschutzrechts der Presseverleger, sollte das KI-Training dazu gehören? Einige fordern dies.
- Beispiele aus Frankreich: Die Wettbewerbsbehörde Autorité de la Concurrence hat erhebliche Bußgelder für die Nichteinhaltung von Leistungsschutzrechten verhängt. Die Verleger fordern eine gemeinsame Auslegung des europäisches Wettbewerbsrechts und eine harmonisierte Anwendung dieses Rechts.
Transparenz und Regulierung
Die Transparenz vor und nach den von der KI erzeugten Ergebnissen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die KI die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen einhält.
- Transparenzprobleme:
- Die Quellen für das Training von KIs werden selten vollständig offengelegt.
- Endnutzer wissen oft nicht, ob ein Inhalt durch KI generiert wurde, dadurch bleibt intransparent, dass Inhalte einer algorithmischen Voreingenommenheit (bias) unterliegen.
- Ergriffene Maßnahmen:
- Entwicklung von Transparenzmodellen, um über die Verwendung von Daten zu informieren.
- Vorschläge:
- Rechenschaftspflicht der Anbieter generativer KI. Zudem, ggf. Haftung des Anbieters für Inhalte, die von seiner KI verbreitet werden, z.B. dadurch, dass KI-Anbieter dieselben Obliegenheiten und Pflichten wie Presseverleger treffen.
Verteidigung journalistischer Inhalte
Die Presse, die für die Demokratie von entscheidender Bedeutung ist, ist besonders anfällig für die neue Dynamik der KI, deren Bots, Crawler und andere Scraping-Werkzeuge Inhalte auf den Websites und Apps der Presseverleger abgreifen.
- Identifizierte Risiken:
- Unerlaubte Verwendung von journalistischen Inhalten für das Training von KI-Modellen.
- Substitution der Presse durch KI-basierte Suchmaschinen.
- Praktische Unmöglichkeit, die verwendeten Quellen nachzuvollziehen, und damit Verlust der Kontrolle der Presse über ihre Inhalte, die in den erzeugten Ergebnissen verwässert werden.
- Das Opt-out wurde für andere Zwecke gedacht, es ist ineffizient, da es umgangen wird, schwer umzusetzen und führt zu einer Umkehr der Beweislast.
- Entwicklung von Lösungen:
- Kollektive Mobilisierung und Allianzen zur Verteidigung der Rechte der Kreativwirtschaft.
- Ersetzung des in der DSM-Richtlinie vorgesehenen Opt-Outs für Presseverleger durch ein Opt-In, so dass sie allein entscheiden können, ob Nutzer künstlicher Intelligenz ihre Inhalte verwerten dürfen oder nicht und wie sie dafür vergütet werden. Empfindliche Strafen bei Missachtung des bereits erklärten Opt-Outs/Nichterklärten Opt-Ins.
Wirtschaftliche Herausforderungen
Die Nutzung kultureller Inhalte für das Training von KIs wirft ernste wirtschaftliche Fragen auf.
- Unfaire Verteilung: Die großen Plattformen profitieren von fremden Inhalten ohne ausreichende Gegenleistung für ihre Schöpfer zu leisten.
- Vorschläge:
- Einführung eines europäischen Marktes für Datenlizenzen.
- Entwicklung von Vergütungsmodellen, die den technologischen Realitäten angepasst sind.
- Harmonisierung und Anpassung des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts, denn trotz der Agilität und Innovationsfähigkeit der heutigen Presse ist der Kampf ungleich und scheint nicht gewonnen werden zu können.
Ein europäisches Modell für KI
Europa ist in der einzigartigen Lage, ein Modell zu entwickeln, das seine kulturellen und wirtschaftlichen Werte widerspiegelt. Seine (noch) pluralistische Presse ist von hoher Qualität und in der Lage, Desinformation zu bekämpfen. Die Verleger sind auf das digitale Ökosystem eingestellt und werden weiterhin in Innovationen investieren, insbesondere im Bereich der KI. Die Forschung ist stark und in der Lage, europäische Modelle zu entwickeln.
Perspektiven und Schlussfolgerungen
- Dringende Notwendigkeit einer starken Regulierung, uns läuft die Zeit davon:
- Die Regulierung muss schnell, entschlossen, klar und europäisch sein, um wirtschaftliche Ungleichgewichte und die Zerstörung der Grundlagen der Information zu verhindern. Eine unabhängige und starke Presse ist unerlässlich, um die europäischen Demokratien zu erhalten.
- Eine schnelle und konkrete Umsetzung des AI-Act ist von entscheidender Bedeutung. Die Verordnung muss in klare Prinzipien übersetzt werden, insbesondere:
- die Einhaltung des Urheberrechts durch Foundation models (GPAI), wobei die Presseverleger allein über die Verwendung ihrer Inhalte entscheiden sollten,
- die Verpflichtung zur Transparenz bei Trainingsdaten und
- Vergütungsmechanismen, die schnell und einheitlich angewendet werden.
- Aufruf zur Zusammenarbeit:
- Ermutigung der EU-Mitgliedstaaten, ihre Ansätze zu harmonisieren.
- Bestehen auf mehr Transparenz bei den ausgewerteten Daten und auf Fairness bei der Umverteilung der durch KI erzielten Einnahmen.
- Ressourcen bündeln: Austausch von Informationen, technologischen und rechtlichen Instrumenten, um den Missbrauch von Inhalten aufzudecken, effektiv zu handeln und einen Markt zu schaffen.
- Gemeinsame Innovation fördern: Unterstützung europäischer Modelle für die Zusammenarbeit bei der Entwicklung technologischer Werkzeuge, die demokratische Rechte und Werte respektieren.
- Schaffung einer deutsch-französischen Allianz, die eine solide Grundlage für eine europäische Antwort auf die globalen wirtschaftlichen und technologischen Herausforderungen bildet.
Europa hat die einmalige Chance, einen ehrgeizigen Rechtsrahmen zu entwickeln, der seine Werte und Talente schützt und gleichzeitig die Innovation fördert